7 Gründe für Visuals in Beratung und Coaching

Ich kann mir nicht mehr vorstellen, ohne Stift und Papier zu arbeiten, vor allem wenn es in Beratungsgesprächen und Coachings unter vier Augen um schwierige oder komplexe Inhalte geht. Viel zu groß wäre die Gefahr, entscheidende Details aus dem Auge zu verlieren, wenn zu viele verwobene und verwickelte zu verarbeiten sind sind oder wenn es emotional wird. Visualisierungen helfen, Inhalte systematisch aus dem Kopf heraus aufs Papier zu bringen, mit Abstand, manchmal auch mit Humor, aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, zu sammeln, zu sortieren und neu zu arrangieren. Doch was genau macht Coachingvisuals zum unverzichtbaren Handwerkszeug?

Weiterlesen

Der Coach ist weg – das Visual arbeitet weiter

Zu den erstaunlichsten Erfahrungen beim visuellen Coaching gehört es, dass Bilder, die in Coaching oder Beratung entstehen, nach der Sitzung weiter arbeiten. Dabei machen sie einen super Job – es ist fast so, als würden wir unseren KlientInnen ein kleines Helferlein mitgeben, das mit ihnen weiter arbeitet. Aber warum ist das so? Ich habe drei Wirkungsweisen ausgemacht:

  1. Visuals bleiben besser im Gedächtnis haften: Der erste Grund, weshalb Visuals nachwirken, liegt auf der Hand: Weil wir das in Coaching oder Beratung Besprochene nicht nur mit Worten sondern auch mit Bildern vermitteln, wird es im Gehirn doppelt verarbeitet – auditiv und visuell. Es wird sowohl im visuellen Kortex als auch im Sprachhirn abgelegt und zusätzlich miteinander vernetzt. Das bedeutet: Auch wenn die Coachingvisuals zunächst in die Mappe gesteckt und in der Tasche verstaut werden, ist der Anker im Gehirn gesetzt. Der Coachinginhalt bleibt besser haften und ist besser abrufbar – etwa, wenn unsere Coachées sich hinterher an die Sitzung erinnern und darüber reflektieren. 
  2. Visuals transportieren Coachinginhalte in eine andere Umgebung: Der zweite Weg, auf dem Coachingvisuals nachwirken und weiterarbeiten können, entfaltet sich dann, wenn die Arbeitsergebnisse wieder hervorgeholt werden, etwa um sie sich zuhause noch einmal anzuschauen oder daran weiter zu arbeiten. Ein konkretes Ergebnis einer Coachingsitzung oder einer Beratung in der Hand halten zu können, vermittelt das Gefühl, schon etwas geschafft zu haben, auch wenn das erwünschte Ziel noch nicht erreicht ist. Manche Klienten hängen sich die Coachingvisuals auch zuhause auf, damit es sie dort an den angefangenen Arbeitsprozess erinnert und sie zu weiteren Schritten inspiriert. So kann das Bild aus dem Coaching den Raum erweitern, in dem am Thema gearbeitet wird.
  3. Visuals helfen, mit anderen über die Coachinginhalte ins Gespräch zu kommen: Drittens helfen die Bilder nicht nur dabei, selbst an das Arbeitsergebnisse anzuknüpfen es kann auch helfen, anderen zu vermitteln, worum es dort geht und was der bisherige Stand ist. So wird es für unsere KlientInnen leichter, sich mit PartnerInnen zu beraten oder Menschen, die in das Coachingthema involviert sind, ins Boot zu holen. 

Insgesamt machen Visuals unsere Coachings also wirkungsvoller und nachhaltiger. Wir sollten unsere KlientInnen deshalb immer ermuntern, die erarbeiteten Bilder weiter wirken zu lassen, sie also nocheinmal hervor zu holen, zuhause auszulegen oder aufzuhängen und mit anderen, die wertvolle Rückmeldungen oder Ideen beisteuern könnten, vorzulegen.

Die Heldenreise in Beratung und Coaching

„Ich sitze fest“, „ich tappe im Nebel“, „ich habe mich verrannt“ – so oder ähnlich hört es sich an, wenn sich Menschen in beruflichen Übergangssituationen an uns wenden. Alle diese Sätze sprechen in Bildern, sind Metaphern, die eine Vorstellung davon vermitteln, wie unsere Gegenüber ihre Situation wahrnehmen, wie sie sich fühlen und sogar davon, wie sie sich vermutlich verhalten. Dieser Beitrag will zeigen, dass diese Metaphern nicht nur helfen, zu verstehen, wie KlientInnen ihre Situation erleben, sondern auch, wie sie als Beratungs- und Interventionsinstrument genutzt werden können. Die Heldenreise-Metapher kann uns als BeraterInnen und Coaches als eine Art Landkarte dienen (siehe Abb.1) und so zu Reiseführern im beruflichen Übergang machen. In dieser Landkarte sind die einzelnen Phasen des beruflichen Übergangs zu einem leicht merkbaren Ganzen, einer klassischen Heldenreise-Geschichte zusammengefasst. Das macht es uns leichter, uns im Prozess zu orientieren und die passenden Interventionen und Instrumente für die jeweils anstehende Aufgabe abzuleiten.

Angeregt werden diese Überlegungen von Dennis Mocigemba, der in seiner Keynote auf der Jahrestagung 2023 des Deutschen Verbandes für Bildungs- und Berufsberatung „Die Kompetenzentwicklung als Heldenreise“ vorgestellt hat. Im Folgenden möchte ich einen Schritt weitergehen und ausbuchstabieren, wie die einzelnen Phasen konkret in Beratungshandeln übersetzt werden können, um die Kompetenzentwicklung und das berufliche Vorankommen zu unterstützen. Es soll aber auch beleuchtet werden, wo die Grenzen und Fallen der Metapher liegen, wo der Vergleich hinkt.

Die Heldenreise ist ein archetypisches Grundkonzept von Geschichten, das der amerikanische Mythenforscher Joseph Campbell (1904-1987) beschrieben hat und das später von Autoren verschiedener Hintergründe aufgegriffen wurde – zum Beispiel für die Entwicklung von Romanen, Filmen und Videospielen, aber auch für therapeutische Zwecke. Weil diese Grundstruktur von Geschichten, die sich Menschen seit langer Zeit erzählen, gut eignet, Erwartungen und Spannung aufzubauen, hat Christopher Vogler daraus eine praktische Anleitung für das Schreiben von Drehbüchern entwickelt. Wie können wir uns nun diese archetypische Struktur für den Beratungskontext im beruflichen Übergang zunutze machen? Um die Heldenreise für den Beratungskontext im beruflichen Übergang anzuwenden, werde ich sie mit dem erfahrungsbasierten Modell der „Sieben Schritte im beruflichen Übergang“ zusammenbringen. Es handelt sich dabei um eine Struktur, in die wir bei Frau und Beruf e.V. einzelne Beratungsinstrumente und Interventionen einordnen. Welche Abschnitte der Heldenreise mit den „Sieben Schritten“ zusammengefasst sind, ist der jeweiligen Überschrift zu entnehmen:  

1.   Zurückblicken und Abschied nehmen

In diesem Schritt wird die “Gewohnte Welt” der Heldenreise mit  dem Schritt “Abschied und Bilanz” des Sieben-Schritte-Konzeptes zusammengefasst

Wie die meisten Geschichten starten auch die Geschichten von beruflichen Veränderungen dort, wo „die alte Welt“ endet. Wir lernen den Helden/die Heldin kennen, erfahren, wo er/sie herkommt und was ihn/sie antreibt.

Auch die berufliche Übergangsberatung startet mit einem „Blick zurück”. Zu Beginn des Beratungsprozesses lernen wir unsere KlientInnen kennen, erfahren, was sie bisher gemacht haben, was sie hinter sich lassen wollen oder müssen und auf welchen Erfahrungen und Kompetenzen sie aufbauen können.

Interventionen und Instrumente: Um die Herkunft und den beruflichen Hintergrund auszuleuchten stehen uns zum Beispiel folgende Möglichkeiten offen:

·       Anliegenklärung mit Hilfe von drei Fragen (Wo stehen Sie? Wo wollen Sie hin? Worauf wollen Sie aufbauen?)

·       Sichtung und Besprechung des Lebenslaufes

·       Systematische Einordnung der bisherigen beruflichen Stationen nach subjektiven Kriterien (Passung, Zufriedenheit, Selbstwirksamkeit, Erfolgserlebnissen)

·       Kompetenzbilanzierung

·       Storytelling und Auswertung von Erfolgsgeschichten

Was bringt die Metapher der „Gewohnten Welt“? Gerade zu Beginn des Beratungsprozesses fühlen sich viele Ratsuchende noch sehr ihrem bisherigen Leben und ihrer beruflichen Vergangenheit verhaftet, sie identifizieren sich mit ihr. Langzeitarbeitslose, deren letztes Arbeitsverhältnis schon Jahre zurückliegt, grübeln häufig über vergangene Misserfolgserlebnisse und schlechte Erfahrungen und verstärken so deren Wirkung. Das gilt auch für Menschen, deren letztes Arbeitsverhältnis mit einem Burnout, einem Boreout oder einem Konflikt geendet hat. Allein die Vorstellung, dass diese bisherige Geschichte etwas ist, was man abschließen und hinter sich lassen kann, kann sich wie eine Befreiung anfühlen. Wenn wir als Beratende die berufliche Vergangenheit als etwas behandeln, was beendet werden kann, steht die Frage im Raum, was denn danach kommen sein kann. Der Beratungsprozess nimmt Fahrt auf.

2.   Hin- und Hergerissensein

In diesem Schritt werden die Heldenreise-Phasen “Ruf des Abenteuers” und “Weigerung” mit dem Sieben-Schritte-Abschnitt “ Den Horizont der beruflichen Möglichkeiten öffnen” zusammengefasst.

Doch die Aussicht, alles hinter sich zu lassen und neue Wege zu gehen, ist für die meisten Helden und Heldinnen höchst ambivalent, nicht nur in Filmen und in Romanen. Einerseits ruft das Abenteuer und die Hoffnung regt sich, dass sich Dinge zum Guten wenden könnten, andererseits könnte die Sache auch schief gehen und es ist vielleicht besser, es gar nicht erst zu versuchen. Es beginnt spannend zu werden.

Auch in der beruflichen Übergangsberatung sind wir mit solchem Hin- und Hergerissensein konfrontiert, insbesondere, wenn es darum geht, den beruflichen Horizont auszuleuchten und die nächsten Schritte erstmal nur zu planen. Nicht selten erleben wir, dass Menschen, die mit ihrem letzten Job unzufrieden waren, sich erneut auf sehr ähnliche Stellen bewerben. Der Wunsch nach Sicherheit, nach Rückkehr in die „Gewohnte Welt“ versperrt dann die Sicht auf neue, bessere Optionen und steht der Entdeckung neuer Möglichkeiten und einer beruflichen Entwicklung im Weg.

Instrumente und Interventionen: Als Beratende können wir eine Außensicht auf die Situation vermitteln, dazu anregen, die verschiedenen Job-Ideen und -Angebote nach eigenen Kriterien zu bewerten und Aktivitäten vorschlagen, die auf eine subjektive Verbesserung der beruflichen Situation zielen. Hier ein paar Beispiele:

·       Sammlung und Beurteilung verschiedener Jobideen, nach eigenen Kriterien

·       Durchspielen verschiedener Berufswege – Denken in Alternativen

·       „Probehandeln auf Papier“: Visualisieren mithilfe von visuellen Vorlagen (timeline, Zielscheibe, Wegekarte o.ä.)

·       Wege „mit dem Finger auf der Landkarte“ gehen.

Was bringen die Metaphern „Ruf des Abenteuers“ und „Weigerung“? Jeder berufliche Übergang bietet Chancen zur Entwicklung und Verbesserung, denen sich unsere KlientInnen stellen oder verweigern können. Zu Beginn des Beratungsprozesses können wir als Beratende diesen Horizont der beruflichen Möglichkeiten mit unseren KlientInnen öffnen, ausleuchten und dazu ermuntern, die verschiedenen Möglichkeiten durchzuspielen und sie so in den Bereich des Machbaren zu holen. Dabei können wir die Gründe für die Weigerung und dafür, dem Ruf des Abenteuers zu folgen, direkt ansprechen.

3.   Vorbilder und ExpertInnen treffen

Hier werden die Heldenreise-Abschnitte “Den Mentor treffen” und “Überschreiten der ersten Schwelle” mit dem Sieben-Schritte-Abschnitt “Recherche” zusammengebracht.

Nun ist der Moment gekommen, in dem der Held/die Heldin seinem/ihrem Mentor begegnet. Das kann eine Person sein, die den Reisenden mit den notwendigen Instrumenten oder Waffen ausstattet. Im Märchen werden auch gern Zauberwörter mitgegeben. Vielleicht ist es eine weise Frau, ein Lehrer oder Meister, die wichtige Hinweise für die Reise ausspricht oder eine schräge Gestalt, die vor Gefahren warnt.

Im beruflichen Übergangsprozess liegt es nahe, Beratende oder Coaches mit der Rolle des Mentors gleichzusetzen. Doch im wirklichen Leben können noch ganz andere Personen auftreten und Menschen im beruflichen Übergang mit notwendigem Wissen, Haltungen und Kontakten ausstatten. Das können ehemalige Vorgesetzte sein, alte KollegInnen, Netzwerkkontakte. Oder auch mehr oder weniger kluge Menschen, die Ted-Talks halten oder youtube-Kanäle betreiben. Oft sind es Personen, die den Weg in das neue Berufsfeld selbst schon gegangen sind, die vom Fach sind, die Branche kennen, Tricks verraten und vor Fallstricken warnen können.

Instrumente und Interventionen: Als Beratende sollten wir in dieser Phase alles tun, um unseren KlientInnen Quellen und Kontakte zu vermitteln, die die nötige Informationsgrundlage für eine berufliche Entscheidung liefern. Das können Berufsinformations-Plattformen sein, Weiterbildungsdatenbanken aber auch Know How zum selbständigen Explorieren und Recherchieren. Das, was letztlich Sicherheit und Klarheit vermittelt, sind die Hinweise, Tipps, Erzählungen und Warnungen von Insidern und ExpertInnen. Um an diese heranzukommen und die erste Schwelle in das neue berufliche Terrain zu überschreiten, brauchen Ratsuchende Tipps und Strategien …

·       … wie sie potentiell interessante ArbeitgeberInnen identifizieren können (z.B. über Stellenanzeigen, Hinweise, etc.).

·       … wie sie den Fachaustausch für die berufliche Recherche nutzen  können, also Blogs und Fachliteratur finden, sich auf Veranstaltungen (Messen, Tagungen) verhalten, sich ein berufliches Netzwerk aufbauen.

·       … wie sie mit Schlüsselpersonen und ExpertInnen ins Gespräch kommen und die Gespräche auswerten.

·       … wie sie vor Ort Praxiserfahrungen sammeln, Zugangswege ermitteln und einen Fuß in die Tür bekommen können.

Was bringen die Metaphern des “Mentors” und des „Überschreitens der ersten Schwelle“ für den Beratungskontext? Es gibt wenige Interventionen, die einen beruflichen Übergangsprozess so sehr in Gang und voranbringen können, wie die Begegnung mit Menschen (Mentoren), die von der anvisierten Arbeit sprechen und Einblicke gewähren, die keine noch so gut formulierte Stellenanzeige liefern kann. Auch Lokaltermine, Tage der offenen Tür und Hospitationen, können ein Gefühl dafür vermitteln, dass auch in dem neuen Umfeld nur mit Wasser gekocht wird, und dass es kulturell passt.

Leider werden die Chancen der „Begegnung mit dem Mentor“ in der Praxis des beruflichen Übergangs selten genutzt. Auch hier könnten wir als Beratende Hinweise geben, eventuell Mentorenprogramme vermitteln.

4.   Den Rubikon überschreiten

Der Heldenreise-Abschnitt “Überschreiten der ersten Schwelle” wird mit dem Abschnitt “Fokus setzen” verbunden.

Erst wenn die erste Schwelle überschritten ist und der Held/die Heldin das neue Feld betreten hat, ist er/sie bereit für das neue Abenteuer. Er/sie lässt sich auf die neue Welt ein und stellt sich ihren Herausforderungen. Jetzt geht die Geschichte erst richtig los.

Im beruflichen Übergangsprozess ist dieser Punkt erreicht, wenn eine Person Klarheit darüber hat, wohin die berufliche Reise gehen soll. Dies ist die Voraussetzung dafür, um die nächsten Schritte sinnvoll zu planen, z.B. in Form einer Weiterbildung.

Instrumente und Interventionen: Nicht immer fällt es leicht, zu entscheiden, welcher Job-Idee nun der Vorzug gegeben werden soll. Dann können Instrumente zur Entscheidungsfindung helfen:

·       Erstellen einer Entscheidungs-Matrix

·       Pro- und Contra-Listen aufsetzen

·       Entwicklung von Szenarien

·       Sammlung von Fragen, die vor einer Entscheidung beantwortet werden müssen

Was bringt die Metapher „Überschreiten der ersten Schwelle“? Die Antwort auf die Frage, wo eine Person im Beratungsprozess steht, ob sie noch in ihrer alten Berufsidentität denkt und handelt oder sich schon in der nächsten Entwicklungsstufe vorstellen kann, sollte Grundlage für unsere Interventionen sein.

5.   Kräftemessen, Netzwerken, abgrenzen und weiterbilden

Wir bringen die Heldenreise-Abschnitte “Bewährungsproben” und “Verbündete und Feinde” mit dem Sieben-Schritte-Abschnitt “Profilschärfung” zusammen.

Im Zyklus der Heldenreise kommt nun die Zeit der Bewährungsproben. Der Held findet Freunde, macht sich Feinde und erfährt, nach welchen Regeln die neue Welt funktioniert. Schauplatz für diese Szenen ist in vielen Spielfilmen die Kneipe oder der Saloon.

Im Kontext der Jobsuche spielen sich die Bewährungsproben hingegen eher in Weiterbildungen oder beruflichen Netzwerken ab. Hier treffen Jobsuchende auf Menschen, mit denen sie sich fachlich messen können, die sie beruflich voranbringen oder auch abschrecken und herunterziehen. Egal, ob Jobsuchende an Stammtischen, Meetups oder Verbandstreffen teilnehmen, einen Kurs mitmachen oder online verfolgen, was in der Fachwelt los ist: Sie können nun nach Anknüpfungspunkten suchen, herausfinden, mit wem sie gern zusammenarbeiten wollen aber sich auch abgrenzen und so ihre Nische finden. Auf diese Weise beginnen sie, ein neues berufliches Selbstverständnis aufzubauen, anders über ihre berufliche Identität nachzudenken und zu sprechen. Wie kann dieser Prozess in der Beratung unterstützt werden?

In dieser Phase zielt das Beratungshandeln darauf ab, die berufliche Identität zu stärken und das berufliche Profil zu schärfen. Damit die Ratsuchende/ der Ratsuchende ihren/seinen Platz in der Arbeitswelt findet, sollten wir sie/ihn zum fachlichen Austausch und zur Auseinandersetzung ermuntern. So kann sie explizit machen, was ihre/seine besonderen Kompetenzen und Erfahrungen ausmacht.

Instrumente und Interventionen: Hier einige Beispiele, wie das gehen kann:

·       Weiterbildungsberatung

·       Entwicklung eines Tätigkeitsprofils zur Vorbereitung von Arbeitszeugnissen

·       Beratung zum Arbeitszeugnis

·       Bereitstellung von Erfolgsteams zur Einübung beruflichen Netzwerkens

·       Entwicklung einer beruflichen Kurzvorstellung 

Was bringen die Metaphern „Bewährungsproben“ und „Verbündete und Feinde“? Beide Metaphern verbildlichen, was Menschen, die sich beruflich verändern, innerlich durchmachen. Auch wenn sich die „Bewährungsproben“ und die Identifikation von „Freund und Feind“ von außen unsichtbar, ausschließlich im Kopf der betroffenen Person abspielen sollten, so sind sie doch ein wesentlicher Teil des Prozesses. Als Beratende können wir bei der Suche nach Verbündeten behilflich sein, Fragen stellen, Impulse und Feedbacks geben.

6.   Vordringen und überzeugen

“Vordringen zur tiefsten Höhle” in der Heldenreise wird verbunden mit “Angebot machen” im Sieben-Schritte-Konzept

In der Heldenreise dringt die Hauptfigur nun zu einem gefährlichen Ort vor, zur tiefsten Höhle, die zugleich das Ziel ihrer Wünsche ist, sie begibt sich in den Kampf um Leben und Tod. Hier besteht sie die entscheidende Prüfung.

Übertragen auf berufliche Veränderungssituationen geht es nun darum, mit einem Angebot (zum Beispiel einer Bewerbung oder dem Wunsch nach einer Versetzung oder Beförderung) vorzudringen und zu überzeugen. Wer sich schon einmal einem Eignungstest unterzogen, ein Assessmentcenter mitgemacht und sich in Vorstellungsgesprächen den Fragen von Personal- und Abteilungschefs gestellt hat, weiß, wie existenziell sich diese Situationen anfühlen können – insbesondere, wenn es um einen wirklich interessanten und attraktiven Job geht.  Immerhin entscheidet der Ausgang dieser Prüfungen darüber, wo, mit wem und mit welcher Tätigkeit unsere KlientInnen in Zukunft einen Großteil ihrer Lebenszeit verbringen werden, welche berufliche Rolle sie spielen werden und welcher Betrag auf den Kontoauszügen stehen wird.

Interventionen und Instrumente: Als BeraterInnen und Coaches können wir bei der Vorbereitung auf diese Prüfungen eine wichtige Rolle spielen:

·       Unterstützung bei der Erstellung überzeugender Bewerbungsunterlagen

·       Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch (z.B. Rollenspiel)

·       Einüben einer Kurzvorstellung

Was bringen die Metaphern „Vordringen zur tiefsten Höhle“ und „Entscheidende Prüfung“?

Die Heldenreise-Metaphern machen uns als Beratenden klar, was für die Betroffenen subjektiv auf dem Spiel zu stehen scheint. Doch wenn die Prüfungen nicht auf Anhieb bestanden werden, kann es hilfreich sein, daran zu erinnern, dass eine Ablehnung oder eine ausbleibende Zusage noch nicht das Ende vom Lied ist. Dann hilft es, das Drama herauszunehmen und die Situation neu zu framen. Zum Beispiel, als eine Art Generalprobe für die nächste Prüfung.

7.   Aushandeln und Ankommen

Wir kombinieren die letzten Phasen der Heldenreise “Rückweg”, “Auferstehung” und “Rückkehr mit dem Elixier” mit dem Sieben-Schritte-Abschnitt “In Verhandlung gehen”

In klassischen Geschichten und Spielfilmen kommt der Held/ die Heldin nun im dritten Akt an. Die entscheidende Prüfung ist zwar bestanden, doch nun geht es darum, den Schatz in Sicherheit zu bringen und sich in der letzten Schlacht zu schlagen.

Im beruflichen Kontext sind sich unsere KlientInnen grundsätzlich mit den Arbeitgebenden einig geworden, doch nun geht es darum, wichtige und konkrete Feinabstimmungen zu verhandeln – möglichst bevor der Arbeitsvertrag oder die Arbeitsvertragsänderung unterschrieben wird. Wie soll zum Beispiel die Einstufung in die Gehaltstabelle aussehen? Welche Erfahrungen und Kompetenzen werden bei der Gehaltsberechnung anerkannt? Was genau sind die Verantwortlichkeiten, die Aufgaben und Zuständigkeiten? Wie sieht es mit den Möglichkeiten aus, von zuhause aus zu arbeiten? Wer ist ansprechbar bei Fragen? Die letzte Phase der Heldenreise entscheidet auch im beruflichen Kontext darüber, ob die Rückkehr als Sieg oder als Niederlage erlebt wird, ob der Übergang eine Verbesserung oder einen Rückfall bedeutet.

Interventionen und Instrumente: Als Beratende können wir unseren KlientInnen dabei zur Seite stehen, sich über die neue Rolle und die Verantwortlichkeiten klar zu werden und Wünsche und Interessen zu explizieren, wir können dabei unterstützen, Argumente für die Aushandlung zu finden. Insbesondere betrifft dies die

·       Vorbereitung und Beratung von Vertragsverhandlungen

·       Begleitung bei der Einarbeitung

Was bringen die Metaphern „Rückweg“, „Auferstehung“, „Rückkehr mit dem Elixier“?  Im „dritten Akt“ des beruflichen Übergangs entscheidet sich nicht nur, wie die KlientInnen den Abschluss ihrer Reise erleben, sie stellen auch die Weichen für den neuen beruflichen Lebensabschnitt. Deshalb sollten wir uns als Beratende nicht zu früh aus der Begleitung herausziehen, sondern auf die ausstehenden Herausforderungen und Entscheidungen hinweisen und so lange zur Seite stehen, bis der berufliche Übergang wirklich erfolgreich abgeschlossen ist. Was jedoch als „Elixier“ oder Schatz angesehen wird, sollten wir den KlientInnen überlassen. Nicht immer muss das eine Gehaltsverbesserung oder eine höhere Sprosse auf der Karriereleiter sein. Eine berufliche „Auferstehung“ kann auch bedeuten, dass sich die Reisenden nach einer Irrfahrt endlich an einem Arbeitsplatz wiederfinden, der ihren Fähigkeiten, ihren Werten und ihren kulturellen Vorlieben entspricht und an dem sie, so wie sie sind, willkommen sind.

Möglichkeiten und Grenzen der Heldenreise-Metapher für Beratung und Coaching im beruflichen Übergang

Welche Bilder wir verwenden und wie wir die Bilder, die im Beratungsgespräch auftauchen, integrieren oder umdeuten, ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Beratung, denn unser Denken und Sprechen bereitet unser Handeln vor. Wie Lakoff und Johnson in ihrem Werk “Leben in Metaphern” dargelegt haben, ist unser Denken durch Metaphern strukturiert, wir können gar nicht anders als in Bildern zu denken. Die Heldenreise-Metapher bietet im Kontext des beruflichen Übergangs viele Vorzüge: So ordnet sie die eingangs erwähnten Aussagen „ich sitze fest“, „ich tappe im Nebel“, „ich habe mich verrannt“ in einen sinnhaften Gesamtprozess, eben in die Heldenreise, ein. Die derzeitige, verlorene, verirrte, festgefahrene Situation kann so als eine vorübergehende Phase gesehen und der Blick auf ein mögliches, wünschbares glückliches Ende geöffnet werden. Was vorher vielleicht als Scheitern oder Hilflosigkeit wahrgenommen wurde, kann jetzt zur Zwischenstation, zur Herausforderung, ja zum Abenteuer umgedeutet werden. Die Identifikation mit einer Heldenfigur erkennt an, dass der Übergang nicht immer leicht ist, dass er mit Schwierigkeiten verbunden sein kann, dass es dazu gehört, Rückschläge zu erleben, die eigenen Kräfte zu sammeln und sich Verbündete zu suchen. Würden wir uns aber als Beratende allzu eng auf die Erlebnis-Bilder unserer Ratsuchenden beziehen und sie empathisch spiegeln, bestünde die Gefahr, dass wir uns mental mit ihnen im Nebel verirren. 

Doch der Gebrauch der Metapher hat auch seine Tücken. So legt das Bild der Reise die Vorstellung nah, dass ein gelungener beruflicher Übergang mit einem physischen Ortswechsel, sprich, einem Arbeitsplatzwechsel verbunden sein muss. Doch manchmal fängt das berufliche Abenteuer erst dann richtig an, wenn man bleibt und sich den Herausforderungen stellt, zum Beispiel, indem man Führungsverantwortung übernimmt. 

Auch ist nicht jeder berufliche Übergang mit “Heldentaten” verknüpft, es gibt berufliche Übergänge, die einfach und leicht sind und keine “Heldentaten” erfordern – etwa wenn eine unverhoffte Beförderung  oder der passende Traumjob – etwa vom Headhunter – angeboten wird. Dann passt die Metapher der Heldenreise nicht, sie würde am Erleben unserer Ratsuchenden vorbeigehen, sie würden sich wahrscheinlich nicht verstanden fühlen. 

Je nach Lebenssituation kann der Anspruch, in einer Heldenreise zu bestehen, als Überforderung wahrgenommen werden und somit Reaktanz auslösen. Als Beratende sollten wir daher immer gut zuhören, wo sich unsere Gegenüber mental bewegen, um ihnen dort begegnen zu können. Vielleicht treffen wir sie dann in einer Zeitreise, einer kollektiven Reise oder einer anderen Symbolwelt an. Dann sollten wir uns vom Konzept der Heldenreise verabschieden und von dort aus mit ihnen weitergehen.

Quellen

Campbell, J. (1999). Der Heros in tausend Gestalten. Insel-Verlag.

Eybisch-Klimpel, C. (2015). Übergang gelungen: Nach dem Job ist vor dem Job. Wirtschaftspsychologie aktuell (Heft Nr. 4), 52-54.

Eybisch-Klimpel, C., & Witzenrath, G. (2015). Sieben Schritte im beruflichen Übergang [Kartensatz]. Frau und Beruf, Berlin, Selbstverlag.

Lakoff, G., Johnson, M. (2018). Leben in Metaphern (Neunte Auflage). Carl-Auer Verlag GmbH.

Vogler, C. (2018). Die Odyssee der Drehbuchschreiber, Romanautoren und Dramatiker: Mythologische Grundmuster für Schriftsteller. Autorenhaus.

Aller Anfang ist leicht!

Sie müssen das Rad nicht neu erfinden, wenn Sie mit dem Visualisieren anfangen. Es gibt viele gute Visuals, die den Anfang leicht machen.

Wie findet man eigentlich einen guten Einstieg ins Visualisieren, wenn man es gewohnt ist, in Beratung und Coaching hauptsächlich mit verbalen oder körpersprachlichen Mitteln zu arbeiten?  Wie fängt man es an, wenn man von den eigenen Zeichenkünsten noch nicht so richtig überzeugt ist? Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich mich im professionellen Zweier-Setting genierte,  zum Stift zu greifen! Dabei muss man sich das Leben nicht unnötig schwer machen. Es gibt viele gute Vorbilder, von denen wir lernen und uns etwas abschauen können. Hier sind drei Tipps, wie wir uns das zunutze machen können: 

  1. Arbeiten Sie mit dem, was schon da ist

Gerade am Anfang, wenn wir noch ungeübt im Umgang mit Visualisierungsobjekten sind, ist es wichtig, dass wir uns auf unser Gegenüber konzentrieren und nicht durch die Erstellung komplizierter Visualisierungen ablenken. Deshalb: Halten Sie nach Materialien Ausschau, die andere bereits erstellt haben. Visualisieren soll Ihre Beratung oder Ihr Coaching leichter machen, nicht komplizierter. Verwenden Sie Abbildungen aus Büchern, Schaubilder aus Fachartikeln oder Fundstücke aus dem Internet. Eine einfache Bildersuche mit einem Fachbegriff kann eine Flut von Ergebnissen bringen. Darüber hinaus bieten einige Verlage (z.B. Beltz) fertige visuelle Produkte wie Poster, Karten oder Charts an. In der Regel sind sie von Grafikern erstellt worden und vermitteln einen professionellen Eindruck.

Seien Sie aber wählerisch bei der Auswahl! Verwenden Sie nicht den erstbesten Treffer und fallen Sie nicht auf die visuell ansprechendsten Bilder herein. Prüfen Sie genau, ob die inhaltliche Aussage zu Ihrer inhaltlichen Arbeit passt. Machen Sie sich auch klar, was Sie an den ausgewählten Bildern gelungen finden und was Ihnen nicht so gut gefällt. Lernen Sie aus den Vorbildern!

Auf diese Weise machen Sie sich selbst den Anfang mit dem Visualisieren leicht. Unterschätzen Sie nicht, was Sie daraus lernen können, wenn Sie Visuals aussuchen und sich mit dem bereits vorhandenen Material auseinandersetzen: Bei der Auswahl schulen Sie Ihren visuellen Blick und entwickeln ein Gefühl für Stil und Gestaltungsmerkmale, ohne inhaltlich Komprommisse einzugehen. Sie entwickeln ihre eigenen Qualitätsmerkmale und entdecken vielleicht Stilmittel für eigene Visuals, die Sie später in Ihren selbst erstellten Bildmaterialien verwenden können.

  1. Copy it! Kopieren Sie es!

Möglicherweise finden Sie es umständlich, in Büchern und Zeitschriften nach geeigneten Abbildungen zu suchen oder sich gemeinsam an den PC zu setzen, um ein Modell zu studieren. Das Buch klappt vielleicht zusammen, die Abbildung in der Zeitschrift ist von Text umrandet, der ablenkt. Es liegt also nahe, das Bild zu kopieren und dabei vielleicht auch auszuschneiden und zu vergrößern. Wenn ein Bild öfter gebraucht wird, können wir es auf Pappe drucken oder laminieren. So lässt es sich thematisch in eine Mappe einsortieren oder in ein Visualisierungsheft einkleben. Ich nutze dazu hochwertige blanko Hefte im DIN A4-Format mit schwerem Papier.

Aber Vorsicht: Visuals sind urheberrechtlich geschützt. Wenn sie nicht mit einer Creative Commons Lizenz versehen und für den Gebrauch freigegeben sind, könnte die kommerzielle Nutzung im Beratungskontext strafbar sein. Wer auf Nummer Sicher gehen will, fragt beim Verlag oder Autor nach, ob der Gebrauch der Fotokopie in Ordnung geht. Auf jeden Fall sollte das kopierte Visual mit einer Quellenangabe versehen sein. 

  1. Make it your own! Wandeln Sie es ab und machen Sie Ihr eigenes Ding!

Die dritte Möglichkeit ist, vorhandene Schaubilder eigenhändig abzumalen. Fehlen Ihnen einzelne Aspekte, finden Sie das Wording für Ihren Kontext unpassend? Gefällt Ihnen die Farbe nicht? Dann machen Sie das Bild zu Ihrem eigenen Bild. Wandeln Sie es so ab, dass es Ihnen besser gefällt und in Ihren Beratungskontext passt.  Aber auch hier Vorsicht: Vermerken Sie in der Quellenangabe, wer Sie zu Ihrem Bild inspiriert hat und auf wen das zugrundeliegende Modell zurückgeht. 

Die Tipps gefallen Ihnen und Sie wollen gerne sehen, wie man sie konkret in die Tat umsetzt? Sie brauchen mehr Beispiele und Praxiserfahrungen, um auf Ideen für die eigene Arbeit zu kommen? Dann ist die Online-Werkstatt „Visuals für Beratung und Coaching“ vielleicht das Richtige für Sie. Dort bekommen Sie noch mehr praktische Tipps und finden eine Gruppe von Kolleginnen und Kollegen, mit denen Sie sich austauschen und von denen Sie sich inspirieren lassen können. Sie startet am 6.2.2023 mit einem kostenlosen Miniworkshop. Ich freue mich, wenn Sie dabei sind!

Visuals zusammen entwickeln macht noch mehr Spaß!

Corona-Zwischenbilanz: Mehr Fokus, Struktur und sichtbare Ergebnisse mit online Visuals

Endlich Sommer! Die Hüllen und die Masken fallen – wir beraten wieder in Präsenz. Aber die Beratung ist nicht mehr dieselbe wie vor Corona. Die Beratung in zoom mit der Visualisierung unter der Dokumentenkamera hat einiges verändert. Und das betrifft nicht nur die Werkzeuge, die Medien und die Tatsache, dass wir statt zu Flipchart und Marker zur Dokumentenkamera, A4-Formaten und Post-it-Zetteln gegriffen habe; es geht auch um mehr, als den Wegfall von Fahrzeiten und die größere Flexibilität. Es geht darum, wie wir den Beratungsprozess gestalten, Aufmerksamkeit lenken und welche Ergebnisse wir produzieren. Zeit also für eine kurze Zwischenbilanz und die Frage: Was hat sich verändert?.

  1. Mehr Fokus und Aufmerksamkeit auf der Sache

Wenn wir in der Online-Beratung die Dokumentenkamera dazu schalten, lenken (entscheiden?) wir mit einem Klick, was unser Gegenüber im wahrsten Sinne des Wortes “auf dem (Bild-)Schirm hat”. Während in der Präsenz-Beratung die Aufmerksamkeit unserer Klienten zwischen dem entstehenden Visual und uns als Beratenden hin- und her wechselt, haben wir in der Online-Beratung die technische Möglichkeit, uns als Person zurück zu nehmen, in den Hintergrund  zu treten (oder uns optisch klein zu stellen) und die Sache, über die wir sprechen in den Vordergrund zu rücken. Dennoch bleibt der persönliche Kontakt dadurch erhalten, dass wir mit unseren Händen und der Schrift unter der Kamera sichtbar bleiben, miteinander sprechen und mit der Visualisierung spiegeln, was wir verstehen. Missverständnisse werden aufgedeckt und können korrigiert werden

  1. Neue Routinen, neue Struktur

Am Anfang der Coronakrise fühlte es sich noch abgeschnitten und unpersönlich an: Der Händedruck an der Tür, der kurze Blickkontakt zwischendurch, die Möglichkeit, das Flipchart herbeizurollen, auf ein Poster zu zeigen, unsere Trittplatten-Charts auf den Fußboden zu legen – all das fehlte und es gab noch keinen Ersatz. Vieles, was in der Präsenz-Beratung im Raum nebenher gelaufen und selbstverständlicher Teil des Beratungshandelns war, musste nun in ein handhabbares Din A4 Format gebracht werden, das man unter die Kamera legen, fotografieren und verschicken konnte. Doch genau das stellt sich rückblickend als Entwicklungsmotor für die Prozessgestaltung dar: Da auf einem Din A4 Blatt weniger Text Platz hat als auf einem Flipchart wurde es notwendig, die Inhalte auf mehrere Blätter aufzuteilen. Diese Blätter wurden nicht, wie früher die großen Flipcharts, aufgerollt und mitgegeben, sondern abfotografiert und versendet, bzw. im Beratungsordner abgelegt. So entstand Sitzung für Sitzung eine Dokumentation, die Bild für Bild nachvollziehbar machte, was in den Sitzungen besprochen worden war. Das Ritual des Abfotografierens nach der Sitzung und der chronologischen Sortierung, lässt den Beratungsablauf im Zeitraffer noch einmal Revue passieren. Die Klientin/ der Klient wiederholt den Prozess, wenn sie oder er die Mail ausdruckt, sichtet und abheftet. Durch diese Wiederholung werden die Inhalte vertieft und für die weitere Bearbeitung zugreifbar gemacht. . 

  1. Sichtbare (Zwischen-)Ergebnisse und bessere Handhabbarkeit

Während des Beratungsprozesses – bei mir geht er in der Regel über drei bis fünf Sitzungen mit oft monatelangen Pausen dazwischen – kommt eine Sammlung von Blättern zusammen, die den Verlauf der gemeinsamen Arbeit abbilden und sich praktisch in eine Hülle packen lassen. Dieser visuelle Rückblick hilft, an Zwischen-Ergebnisse anzuknüpfen und dort anzuschließen, wo man früher aufgehört hat. Wir können ergänzen, korrigieren, weiterdenken und Zwischenerfolge identifizieren, die bei einer rein verbalen Beratung vielleicht verloren gegangen wären oder nur schwer zu rekapitulieren wären. Dabei kann man auch überraschende Entdeckungen machen: Es wird sichtbar,  dass sich die anfängliche Fragestellung, bzw das Anliegen verändert, bzw. konkretisiert. Als Gedächtnisstütze ist die Visual-Sammlung von hohem Wert: Selbst wenn die Klientin oder der Klient nach Jahren mit den Visualisierungen wiederkommt, kann man so auf den früheren Ergebnissen aufbauen. Mit rein schriftlichen Notizen wäre dieser Effekt nur mit viel Aufwand herzustellen.

Fazit

Auch wenn sich der Versuch, die Präsenzberatung in eine visuell unterstützte Online-Beratung zu übersetzen anfangs wie ein Notlösung anfühlte, so hat dies im Ergebnis zu einer strukturierteren, nachvollziehbareren und praktischeren Gestaltung des Beratungsprozesses geführt, die sichtbare Ergebnisse produziert. Dies wirkt jetzt in die aktuelle Präsenzberatung zurück, wo die neue Struktur und die neuen Rituale jetzt weiter entwickelt werden.

Gute Visuals besser machen

Was ist ein gutes Visual für Beratung und Coaching? Bei dieser Frage geht es um weit mehr als um Geschmack und individuelle Vorlieben. Es geht darum, ob das Visual funktioniert. Ob es das abbildet, was wir sagen wollen. Es geht darum, ob es Aufmerksamkeit weckt und überhaupt gesehen wird, ob es den Fokus und das gegenseitige Verständnis vertieft. Es geht darum, ob es die Arbeitsbeziehung stärkt und den Prozess voranbringt. Es geht darum, ob es tut, was es soll.

Weiterlesen

Stressbewältigung lernen mit Sketchnotes

Wie wir mit Zeichnungen Verhalten und Erleben ändern lernen

Dass Sketchnotes eine gute Methode sind, um sich neue Wissens-Inhalte anzueignen und zu lernen, darüber ist schon viel gesprochen und geschrieben worden.Doch in Beratungs- und Coachingsituation kommt es oft mehr darauf an, Verhalten und Erleben unter die Lupe zu nehmen und zu verändern. Auch hierbei können Sketchnotes neue Räume öffnen und Möglichkeiten schaffen.

Weiterlesen

Wie Visuals mehr Fokus ins Online-Coaching bringen

Wenn es ums Online-Coaching geht, scheiden sich die Geister: Viele KollegInnen, die versuchen, ihr gewohntes verbales Coaching, eins zu eins ins Digitale zu übersetzen, winken ab: Das Video auf dem Bildschirm ist kein Ersatz für den direkten Kontakt mit den KlientInnen. Blicke seien schwerer zu deuten, Sprechpausen fühlten sich unbehaglicher an. Es fehle das Gefühl von Kontakt, von gemeinsamem Fokus. Und dann seien da ja auch noch die technischen Tücken … Von visuellen Coaches hingegen höre ich solche Klagen seltener. Sie sehen Online Coaching als Erweiterung ihrer Möglichkeiten an und freuen sich über neue Tools, die die Sitzungen interaktiver machen und noch besser auf den Punkt bringen, worum es geht. Das hat mich neugierig gemacht: Wie genau schaffen wir Visual Coaches es, über den Bildschirm Aufmerksamkeit zu wecken und den Fokus zu halten?

Weiterlesen

Coaching in Coronazeiten

Mit Visuals in Verbindung bleiben

Visualisierungen helfen, die Verbindung zu halten

Wie wahrscheinlich die meisten Coaches, die normalerweise persönlich coachen, habe ich die ersten „Corona-Beratungen und -Coachings“ erst am Telefon, dann per Videokonferenz geführt. Besonders befriedigend war das nicht. Es hat sich amputiert und verhackt angefühlt, mir fehlte das nonverbale Feedback und damit das Gefühl, in Kontakt zu sein. Dann habe ich die Dokumentenkamera ausgepackt und mir wieder Papier und Stifte bereit gelegt. Seither komme ich sehr viel besser klar.

Weiterlesen