Corona-Zwischenbilanz: Mehr Fokus, Struktur und sichtbare Ergebnisse mit online Visuals

Endlich Sommer! Die Hüllen und die Masken fallen – wir beraten wieder in Präsenz. Aber die Beratung ist nicht mehr dieselbe wie vor Corona. Die Beratung in zoom mit der Visualisierung unter der Dokumentenkamera hat einiges verändert. Und das betrifft nicht nur die Werkzeuge, die Medien und die Tatsache, dass wir statt zu Flipchart und Marker zur Dokumentenkamera, A4-Formaten und Post-it-Zetteln gegriffen habe; es geht auch um mehr, als den Wegfall von Fahrzeiten und die größere Flexibilität. Es geht darum, wie wir den Beratungsprozess gestalten, Aufmerksamkeit lenken und welche Ergebnisse wir produzieren. Zeit also für eine kurze Zwischenbilanz und die Frage: Was hat sich verändert?.

  1. Mehr Fokus und Aufmerksamkeit auf der Sache

Wenn wir in der Online-Beratung die Dokumentenkamera dazu schalten, lenken (entscheiden?) wir mit einem Klick, was unser Gegenüber im wahrsten Sinne des Wortes “auf dem (Bild-)Schirm hat”. Während in der Präsenz-Beratung die Aufmerksamkeit unserer Klienten zwischen dem entstehenden Visual und uns als Beratenden hin- und her wechselt, haben wir in der Online-Beratung die technische Möglichkeit, uns als Person zurück zu nehmen, in den Hintergrund  zu treten (oder uns optisch klein zu stellen) und die Sache, über die wir sprechen in den Vordergrund zu rücken. Dennoch bleibt der persönliche Kontakt dadurch erhalten, dass wir mit unseren Händen und der Schrift unter der Kamera sichtbar bleiben, miteinander sprechen und mit der Visualisierung spiegeln, was wir verstehen. Missverständnisse werden aufgedeckt und können korrigiert werden

  1. Neue Routinen, neue Struktur

Am Anfang der Coronakrise fühlte es sich noch abgeschnitten und unpersönlich an: Der Händedruck an der Tür, der kurze Blickkontakt zwischendurch, die Möglichkeit, das Flipchart herbeizurollen, auf ein Poster zu zeigen, unsere Trittplatten-Charts auf den Fußboden zu legen – all das fehlte und es gab noch keinen Ersatz. Vieles, was in der Präsenz-Beratung im Raum nebenher gelaufen und selbstverständlicher Teil des Beratungshandelns war, musste nun in ein handhabbares Din A4 Format gebracht werden, das man unter die Kamera legen, fotografieren und verschicken konnte. Doch genau das stellt sich rückblickend als Entwicklungsmotor für die Prozessgestaltung dar: Da auf einem Din A4 Blatt weniger Text Platz hat als auf einem Flipchart wurde es notwendig, die Inhalte auf mehrere Blätter aufzuteilen. Diese Blätter wurden nicht, wie früher die großen Flipcharts, aufgerollt und mitgegeben, sondern abfotografiert und versendet, bzw. im Beratungsordner abgelegt. So entstand Sitzung für Sitzung eine Dokumentation, die Bild für Bild nachvollziehbar machte, was in den Sitzungen besprochen worden war. Das Ritual des Abfotografierens nach der Sitzung und der chronologischen Sortierung, lässt den Beratungsablauf im Zeitraffer noch einmal Revue passieren. Die Klientin/ der Klient wiederholt den Prozess, wenn sie oder er die Mail ausdruckt, sichtet und abheftet. Durch diese Wiederholung werden die Inhalte vertieft und für die weitere Bearbeitung zugreifbar gemacht. . 

  1. Sichtbare (Zwischen-)Ergebnisse und bessere Handhabbarkeit

Während des Beratungsprozesses – bei mir geht er in der Regel über drei bis fünf Sitzungen mit oft monatelangen Pausen dazwischen – kommt eine Sammlung von Blättern zusammen, die den Verlauf der gemeinsamen Arbeit abbilden und sich praktisch in eine Hülle packen lassen. Dieser visuelle Rückblick hilft, an Zwischen-Ergebnisse anzuknüpfen und dort anzuschließen, wo man früher aufgehört hat. Wir können ergänzen, korrigieren, weiterdenken und Zwischenerfolge identifizieren, die bei einer rein verbalen Beratung vielleicht verloren gegangen wären oder nur schwer zu rekapitulieren wären. Dabei kann man auch überraschende Entdeckungen machen: Es wird sichtbar,  dass sich die anfängliche Fragestellung, bzw das Anliegen verändert, bzw. konkretisiert. Als Gedächtnisstütze ist die Visual-Sammlung von hohem Wert: Selbst wenn die Klientin oder der Klient nach Jahren mit den Visualisierungen wiederkommt, kann man so auf den früheren Ergebnissen aufbauen. Mit rein schriftlichen Notizen wäre dieser Effekt nur mit viel Aufwand herzustellen.

Fazit

Auch wenn sich der Versuch, die Präsenzberatung in eine visuell unterstützte Online-Beratung zu übersetzen anfangs wie ein Notlösung anfühlte, so hat dies im Ergebnis zu einer strukturierteren, nachvollziehbareren und praktischeren Gestaltung des Beratungsprozesses geführt, die sichtbare Ergebnisse produziert. Dies wirkt jetzt in die aktuelle Präsenzberatung zurück, wo die neue Struktur und die neuen Rituale jetzt weiter entwickelt werden.

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